Fahrrad-Service-Säule © ADFC Rems-Murr

Pannenselbsthilfe durch Fahrrad-Service-Säulen

Der ADFC Rems-Murr hat 2020 mit Unterstützung des Landratsamtes und der beteiligten Kommunen ein flächendeckendes Netzwerk an Fahrrad-Service-Säulen installiert. Über Erfahrungen und Erfolgsfaktoren berichtet Jürgen Ehrmann vom ADFC Rems-Murr.

Jürgen Ehrmann ist langjähriges ADFC-Mitglied und beim ADFC Rems-Murr aktiv. Seinem Engagement und dem seines Kreisverbandes ist es zu verdanken, dass gemeinsam mit dem Landkreis in 31 Kommunen der Region 42 Fahrrad-Service-Säulen errichtet wurden. Im Interview mit dem ADFC Baden-Württemberg erzählt er, wie es dazu kam und wen man kontaktieren kann, um solche Projekte in anderen Landkreisen voranzutreiben.

ADFC BW: Jürgen, was genau ist eigentlich eine Fahrrad-Service-Säule?

Ehrmann:  Fahrrad-Service-Säulen sind wetterfeste Säulen, bei denen die gängigen Fahrradwerkzeuge in robuster Ausführung ohne irgendwelche Barrieren zu jeder Zeit angeboten werden. Damit haben Pendler*innen an Knotenpunkten oder auch Tagesausflügler*innen und Radreisende entlang touristischer Routen einen einfachen Zugang zu einer soliden Luftpumpe mit Druckanzeige und den bereits angesprochenen Werkzeugen, angefangen beim Sechskantschlüssel bis hin zum Mantelheber. Das angebotene Werkzeug eignet sich dabei insbesondere für kleinere Reparaturen unterwegs. Wir als ADFC vor Ort haben immer ein Auge auf eine intakte Ausstattung der Säulen. 

ADFC BW: Wie werden die Säulen bei euch in der Region angenommen und wie viele gibt es?

Ehrmann: Bei uns in der Region sind es aktuell 42 Fahrrad-Service-Säulen. Die liegen zwischen Fellbach im Süden, Murrhardt im Norden und zwischen dem Neckar im Westen und Schorndorf im Osten. Damit gibt es ein flächendeckendes Netz an Säulen, das von uns in OpenStreetMap eingepflegt worden ist. Zukünftig werden die Fahrrad-Service-Säulen auch im Kartenmaterial der RadKULTUR zu finden sein.
Die Säulen werden gut angenommen. Regelmäßig höre ich Personen von dem Angebot schwärmen und dann freut es mich natürlich immer besonders, dass ich dann sagen kann, dass sie von uns aufgestellt worden sind.

ADFC BW: Angenommen bei mir in der Kommune gibt es noch keine Fahrrad-Service-Säulen, wen kann ich kontaktieren, um da etwas ins Rollen zu bringen?

Ehrmann: Ich kann kurz erläutern, wie wir im Rems-Murr-Kreis vorgegangen sind: Zunächst einmal haben wir den Landkreis als übergeordnete Verwaltungsebene kontaktiert. In einem nächsten Schritt haben wir uns gemeinsam zu den Möglichkeiten einer finanziellen Förderung informiert. So konnten die ersten 24 Fahrrad-Service-Säulen mit 16.800 Euro aus dem „Förderprogramm Agenda 2030 – Projekte für eine nachhaltige Entwicklung mit Bezug zum Klimaschutz“ bezuschusst werden. In einem nächsten Schritt sind wir dann an die Kommunen im Kreis herangetreten. Das war auf jeden Fall noch mal richtig Arbeit, aber mit der Unterstützung aus dem Landratsamt machbar. Die Kommunen, die frühzeitig aufgesprungen sind, haben somit ca. 700 Euro der über 1.000 Euro teuren Säulen gefördert bekommen. 

 

ADFC BW: Kannst du noch kurz schildern, wer heute welche Rolle bei dem Thema übernimmt?

Ehrmann: Ich beschriebe das gerne immer als Dreigespann, bestehend aus dem Landkreis, der eine übergeordnete Rolle bei der Förderung, Kommunikation und teilweise auch bei der Organisation übernommen hat. Dann kommen wir, der ADFC Rems-Murr ins Spiel. Mithilfe der übergeordneten Unterstützung und unseres Netzwerks gehen wir auf die Kommunen zu, stellen ihnen die Möglichkeiten vor und beraten auch bei den weiteren Schritten. Außerdem haben wir sogenannte "Kümmerer" für jede Säule benannt, die an eine zentrale ADFC Mailadresse notwendige Instandhaltungen melden. Die leiten wir wiederum an die zuständigen Personen in den Kommunen weiter. Zuletzt sind noch die Kommunen zu nennen, die die Säulen anschaffen und damit auch die Eigentümer sind. Sie wählen gemeinsam mit uns die Standorte aus und organisieren den Aufbau durch den Betriebshof.

ADFC BW: Wen sollte ich deiner Meinung nach kontaktieren, wenn ich ein ähnliches Projekt vor Ort vorantreiben möchte?

Ehrmann: Zunächst einmal würde ich auf den ADFC vor Ort zugehen. Gibt es eine gut organisierte Kreis- oder Ortsgruppe? Dann würde ich mir Mitstreiter*innen aus diesen Reihen suchen. Eventuell spielen auch andere Verbände oder Akteure vor Ort eine wichtige Rolle. Gemeinsam lässt sich dann ein kleines Konzept überlegen. Sicherlich kann hier auch der Verbandsreferent des ADFC Baden-Württemberg behilflich sein und Kontakte knüpfen. Auch wir vom ADFC Rems-Murr helfen bei Planungsfragen gerne weiter. Bei uns hat der Kreis eine wichtige Rolle gespielt. Gibt es eine starke Ortsgruppe, könnte ich mir aber auch eine erfolgreiche Umsetzung auf Stadtebene vorstellen. Die Fördertöpfe vom Land sind auf jeden Fall gefüllt. An der Finanzierung wird es also vermutlich nicht scheitern.

ADFC BW: Da sind ja eine ganze Menge verschiedener Akteure involviert. Mal abgesehen von den eigentlichen Anschaffungskosten – wie viele Ressourcen habt ihr und die anderen Akteure bisher in das Projekt gesteckt?

Ehrmann: Die meisten Personalstunden hat sicherlich der ADFC Rems-Murr in das Projekt gesteckt. Angefangen bei der initialen Kontaktaufnahme mit dem Landratsamt, die Kommunikation rund um die Förderung und schlussendlich die Kommunikation mit den Kommunen. Ich schätze, dass wir etwa 8 bis 10 Stunden Arbeit in das Projekt stecken, bis tatsächliche eine Fahrrad-Service-Säule errichtet wird.
Bei den Kommunen sind die Arbeiten rund um die Installation am arbeitsintensivsten, sie können aber von den Betriebshöfen erledigt werden. Eine detaillierte Aufbauanleitung wird mitgeliefert. Die Bestandprüfung, Pflege in Online-Karten und Schadensmeldungen sind zum Glück auf verschiedene Personen beim ADFC Rems-Murr verteilt, das hält sich damit also wirklich in Grenzen.

ADFC BW: Musstet ihr die Lokalpolitik von euren Vorhaben überzeugen?

Ehrmann: Wir haben das Projekt einmal im Kreistag vorstellen dürfen. Da gab es dann natürlich einige Rückfragen zu dem Vorhaben und insbesondere der Förderung. Schlussendlich profitiert aber der ganze Landkreis, wenn die einzelne Kommune fahrradfreundlicher wird und mehr Menschen auf das Rad setzen. Unser Landrat steht hinter dem Projekt, was unsere Überzeugungsarbeit bei den einzelnen Bürgermeister*innen im Kreis einfacher gemacht hat.

Einmal haben wir eine noch nicht installierte Fahrrad-Service-Säule von den Göppingern ausgeliehen und nach Backnang zum Auftakt von "Stadtradeln" gebracht. Wir wussten, dass dort mindestens ein Bürgermeister anwesend sein wird. Den damaligen Bürgermeister mussten wir dann mit dem Anschauungsobjekt vor Augen gar nicht mehr überzeugen. Heute finden Radfahrende auch in Backnang drei Fahrrad-Service-Säulen.

Video: Fahrrad-Service-Säulen - ab Minute 2:15

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